Viermal zeigt der Bezirk Niederbayern in diesem Jahr bildende Kunst in seiner Hauptverwaltung, im ehemaligen Forstkammergebäude in Landshut. In der am vergangenen Donnerstag eröffneten Ausstellung präsentiert das Tageszentrum im Landshuter Netzwerk e.V. die Ergebnisse eines Malprojekts, an dem Menschen mit psychischer Erkrankung und Personen aus dem öffentlichen Leben sowie Landshuter Bürger gleichermaßen beteiligt waren. „Die bildende Kunst zeigt hier einmal mehr ihren integrativen Charakter und die Fähigkeit, Menschen zueinander zu bringen“, stellte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich bei der gut besuchten Vernissage fest.
Ausschlaggebend für das Projekt war bereits im vergangenen Jahr der vierzigste Jahrestag der Psychiatrie-Enquete von 1975. Sie bildete die Grundlage für eine umfassende Reform der Psychiatrie, die eine allgemeine Verbesserung der Behandlungs- und Rehabilitationsangebote für psychisch und somatisch erkrankte Menschen anstrebte. Ziel ist seither nicht nur die Gleichstellung und Gleichbehandlung psychisch Kranker, sondern auch deren uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander.
Vorausgegangen war der Ausstellung mit dem sprechenden Titel „gegenüber“ eine Aktion im Malatelier des Netzwerk-Tageszentrums, das als offenes Angebot Menschen mit psychischen Erkrankungen zur Verfügung steht. Künstlerisches Arbeiten bietet dort Möglichkeiten, sich frei auszudrücken und eigene schöpferische Potentiale zu entdecken, um dadurch einen Weg zu innerer Zufriedenheit und Gesundung zu finden. Im Rahmen des Projekts gestalteten Besucher des Ateliers jeweils eine Bildhälfte, die von einem unbekannten Gegenüber in spontaner, nicht abgesprochener Zusammenarbeit ergänzt wurde. „Wieviel Kreativität freigesetzt wird, wenn zwei Persönlichkeiten sich eine Leinwand teilen, machen die phantasievollen Ergebnisse eindrucksvoll deutlich“, urteilte Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich, der ebenso wie Oberbürgermeister Hans Rampf, Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder, die Landshuter Künstler Christine Rieck-Sonntag und Michael Lange sowie viele Weitere selbst zu Farbe und Pinsel gegriffen hatte.
Tatsächlich zeigen die entstandenen Werke zwei einander ergänzende Bildteile auf Leinwand, die oft wie selbstverständlich zusammengehören, manchmal gar ineinander verschmelzen. Gemeinsam erzählen sie eine Geschichte, öffnen Räume und neue Perspektiven. Die Bilder sind nicht mit Namen versehen und nur selten signiert. Die Künstler hinter den farbenfrohen Werken bleiben anonym. Darin, so die Sozialpädagoginnen Ute Haas und Vera Girbinger, die das Projekt kunsttherapeutisch betreuten, liegt ein wichtiger Aspekt dieser Gemeinschaftsarbeit: „Eines ist allen gemeinsam: der Moment der Begegnung im Bild, auf einer gleichwertigen Ebene, im gleichen Bildformat.“ Unabhängig von Beruf und gesellschaftlicher Stellung, ob mit oder ohne künstlerisches Vorwissen, gesund oder erkrankt, werden hier zwischenmenschliche Begegnungen vorurteilsfrei und wertschätzend zum Ausdruck gebracht.
So dankte Dr. Olaf Heinrich in seinen Begrüßungsworten nicht nur den Organisatorinnen für ihre vorbereitende und begleitende Arbeit, sondern auch allen, die sich zur Teilnahme an diesem Projekt bereit erklärt hatten. „Den einen für ihren Mut, ihr Werk so vertrauensvoll einem Fremden zu überlassen; Den anderen für den respektvollen offenen Umgang mit der vorgegebenen Bildidee.“ Die so entstandenen Werke seien eine unmittelbare Aufforderung, auch die Menschen dahinter wahrzunehmen, das jeweilige Gegenüber mit offenen Augen zu sehen. Sichtlich beeindruckt zeigten sich die zahlreichen Gäste der Ausstellungseröffnung von dieser kreativen Aktion und den daraus entstandenen farbenprächtigen, oft humorvollen Exponaten.
Die Gemeinschaftsarbeiten sind noch bis 2. September 2016 in der Bezirkshauptverwaltung, Maximilianstraße 15, 84028 Landshut, zu sehen. Öffnungszeiten an Werktagen: Montag bis Donnerstag 9 bis 15.30 Uhr, Freitag 9. bis 12 Uhr und nach Vereinbarung.