Der Bezirk Niederbayern plant, das Bezirkskrankenhaus (BKH) Passau weiter auszubauen.
Eine entsprechende Vorlage hat die Bezirkshauptverwaltung erarbeitet. In der Bezirksausschusssitzung am Dienstag, 20. September 2016 werden die Bezirksräte darüber entscheiden. „Die Pläne des Bezirks Niederbayern für das BKH Passau sehen unter anderem vor, dass das BKH Passau um insgesamt 50 Planbetten in der Erwachsenenpsychiatrie erweitert wird, indem 50 Planbetten des Bezirksklinikums Mainkofen nach Passau verlagert werden. Außerdem soll eine stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie am BKH Passau entstehen“, informiert Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich.
Erwachsenenpsychiatrie
Bereits in der Sitzung des Bezirksausschusses am 1. März 2016 hatten die Bezirksräte folgenden Beschluss gefasst: „Dem Ausbau des Standortes Passau um 40 Planbetten der Erwachsenenpsychiatrie wird zugestimmt. Zusammen mit der bereits beschlossenen Schaffung für Betten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist die Bedarfseinschätzung mit dem Gesundheitsministerium abzustimmen und ein entsprechender Antrag an den Krankenhausplanungsausschuss vorzubereiten.“ Seither wurden entsprechende Gespräche mit dem Bayerischen Gesundheitsministerium sowie dem Bezirksklinikum Mainkofen und dem Bezirkskrankenhaus Landshut geführt.
Bei den Planungsgesprächen mit dem Bezirksklinikum Mainkofen – dort wurde die Planbettenzahl infolge dauerhaft hoher Auslastung zwischenzeitlich wieder von 400 auf 440 erhöht – kam der Bezirk Niederbayern zu dem Ergebnis, dass das BKH Passau im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie um eine Station der Gerontopsychiatrie und um eine Station für Abhängigkeitserkrankungen ergänzt werden sollte. Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit im laufenden Betrieb sollte jede Station künftig 25 Betten aufweisen. Damit käme es zu einer Planbettenverlagerung von 50, anstatt wie zunächst angedacht 40 Betten. „Auch die hohe Auslastung des BKH Passau spricht aus Sicht des Bezirks Niederbayern dafür, das BKH in Passau um 50 Betten im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie zu erweitern“, so Dr. Olaf Heinrich. „In einem ersten Planungsgespräch mit dem Gesundheitsministerium wurden diese Überlegungen positiv bewertet.“
Daher sehen die Pläne des Bezirks Niederbayern nun vor, 50 Planbetten des Bezirksklinikums Mainkofen an das BKH Passau zu verlagern. Die Beschlussvorlage liegt den Bezirksräten zur Entscheidung für den 20. September vor. Mit den dann 110 Planbetten wäre das BKH Passau ein psychiatrisches Vollversorgungs-Krankenhaus.
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Auch im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie soll das Angebot am BKH Passau ausgebaut und stationäre Behandlungsmöglichkeiten geschaffen werden. Bisher verfügt die Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am BKH Passau über eine Institutsambulanz, eine Tagesklinik mit 18 Plätzen sowie die Schule für Kranke.
Bereits am 20. Oktober 2015 hatten die Bezirksräte im Bezirksausschuss eine Empfehlung für 24 stationäre Plätze der Kinder- und Jugendpsychiatrie für den Standort Passau abgegeben. In Gesprächen mit dem Bayerischen Gesundheitsministerium will der Bezirk Niederbayern nun ausloten, ob 28 Planbetten am BKH Passau erreicht werden können.
Gründe dafür sind, so Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich: „Die Auslastung der Kinder- und Jugendpsychiatrie am BKH Landshut ist sehr hoch. Zudem ist es aus Sicht des Bezirks Niederbayern wichtig, gerade auch für Kinder heimatnahe psychiatrische Versorgungsmöglichkeiten zu errichten. Und zum Vergleich: Für den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden im strukturell vergleichbaren Bezirk Oberpfalz künftig 72 Planbetten vorhanden sein. Deshalb möchte der Bezirk Niederbayern künftig für den Standort Passau 28 Planbetten, so dass analog zum Bezirk Oberpfalz auch im Bezirk Niederbayern 72 Planbetten zur Verfügung stehen würden.“ Die Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Landshut verfügt ab 2017 über 44 Planbetten.
In Abstimmung mit dem Bayerischen Gesundheitsministerium und mit der ärztlichen Leitung der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Landshut soll daher bis Anfang 2017 die fachlich wie wirtschaftlich sinnvolle Planbettenzahl für eine stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie am BKH Passau abgestimmt werden.
Ausbau des BKH Passau
Um sich weitere Entwicklungsmöglichkeiten am BKH Passau offen zu halten, hatte sich der Bezirk bei der Stadt Passau bereits frühzeitig ein Ankaufsrecht an unmittelbar angrenzenden Grundstücken gesichert. Diese werden derzeit noch von der Postbaugenossenschaft genutzt, das Erbbaurecht endet aber spätestens zum 1.1.2021. Von der Genehmigung der Krankenhauserweiterung durch den Krankenhausplanungsausschuss und der Verfügbarkeit des Grundstücks hängt der Start der vom Bezirk geplanten Baumaßnahmen ab.
Dezentralisierung der psychiatrischen Versorgung
Das BKH Passau ist 2013 eröffnet worden. „Mit der Errichtung des Bezirkskrankenhauses Passau wollte der Bezirk Niederbayern erreichen, dass die Angebote im Bereich der psychiatrischen Versorgung zusätzlich zu den Standorten in Mainkofen und in Landshut auch in weiteren Regionen Niederbayerns geleistet werden. Der Bezirk Niederbayern und der Bezirkstag erachten es als sehr wichtig, auch in diesem Bereich die medizinischen Angebote zu dezentralisieren und damit zur Enttabuisierung von psychiatrischen Erkrankungen beizutragen“, betont Dr. Olaf Heinrich. Die Dezentralisierung der Angebote im Bereich der Psychiatrie ist eine wichtige strategische Ausrichtung der Bezirkskrankenhäuser Niederbayerns.
Dass die Nachfrage nach psychiatrischer Behandlung auch in der Region Passau groß ist, zeigt sich allein darin, dass die Fachklinik für Erwachsenenpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Passau bereits innerhalb des ersten Jahres zu 96 Prozent ausgelastet war. Seither wurden mehrere tausend Patienten mit allen psychiatrischen Krankheitsbildern behandelt. Etwa 60 Prozent der Patienten kommen aus dem Landkreis Passau, 30 Prozent aus der Stadt Passau, 10 Prozent aus dem Landkreis Freyung-Grafenau und 5 Prozent aus dem Landkreis Rottal-Inn. Von den bisher 60 vollstationären Betten der Fachklinik für Erwachsenenpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik befinden sich 20 auf einer beschützenden Station, 40 auf zwei offenen Stationen. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 22 bzw. 23 Tage.
Ein integrierter Bestandteil des mehrstufigen Behandlungskonzeptes in Passau ist unter anderem die Psychiatrische Institutsambulanz. Schwerpunkte der sozial-psychiatrisch orientierten Institutsambulanz sind die ambulante Diagnostik und Behandlung sowie die Krisenintervention im Sinne des Notfallmanagements bei Akuterkrankungen. Ein weiteres Spezialangebot des BKH Passau ist die Spezialstation für Doppeldiagnosen. Patienten mit Doppeldiagnosen haben eine vorliegende Suchterkrankung sowie eine weitere psychiatrische Behandlungsdiagnose wie zum Beispiel eine Depression. Diese Patienten bedürfen daher spezieller Therapieangebote. Seit 2016 gibt es zudem die Psychosomatische Tagesklinik. Dort werden Patienten zehn Therapieplätze als teilstationäre Behandlungsform angeboten. Das Angebot richtet sich an Patienten mit psychosomatischen Störungen, also körperlichen Beschwerden, bei denen die Ursache zumindest zu einem erheblichen Teil psychisch bedingt ist.
Der Bezirk Niederbayern investiert seit Jahren Beträge im mehrstelligen Millionenbereich in den Ausbau der psychiatrischen Versorgung: Das Investitionsvolumen für den Neubau des BKH Passau betrug rund 19 Millionen Euro. Aktuell werden 80 Millionen Euro in die Umstrukturierung des traditionsreichen Bezirksklinikums Mainkofen in eine moderne Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik mit angegliederten Kliniken für Forensik, Neurologie und Neurologischer Frührehabilitation investiert. In Landshut wird ebenfalls weiter in bauliche Maßnahmen investiert. „Der Bezirk Niederbayern unternimmt große finanzielle Anstrengungen, um die zeitgemäße psychiatrische und auch neurologische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“, betont Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. „Der Bezirk Niederbayern bekennt sich zu seinen Krankenhäusern. Wir nehmen unsere gesundheitspolitische Aufgabe – die zeitgemäße psychiatrische Versorgung der Bevölkerung – sehr ernst und stellen daher weitere Angebote zur Verfügung.“