Haidmühle. In diesem Haus ist Musik drin, zumindest sehr bald: In Haidmühle entsteht in einem historischen Haus derzeit ein Chorzentrum, in denen Sänger und Musiker aus aller Welt demnächst proben und die Geselligkeit pflegen können. Die Familie Sobtzick hat das baufällige Haidhäusl liebevoll unter ihre Fittiche genommen und das alte Gemäuer binnen dreier Jahre in ein Schmuckstück verwandelt. Noch ist nicht alles fertig, doch Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Bezirksrat Josef Heisl konnten sich ein Bild vom großen Baufortschritt machen. Auch während des Besuchs wurde eifrig gewerkelt, denn: Am 9. September ist Einweihung, und bis dahin soll die Vollendung einen großen Schritt weiter gediehen sein.
"Das Projekt ist eine beeindruckende Gemeinschaftsleistung", stelle der niederbayerische Bezirkstagspräsident fest. Und das trifft es gut, denn alle helfen mit: Die Eltern, Vater Ansver und Mutter Barbara, hatten die Idee, ein Chorhaus zu bauen, weil sie selbst begeisterte Chorsänger sind. Auch die Kinder Xaver, Justus und Jana sind Feuer und Flamme und opfern jede freie Minute, um Wände zu verputzen, Türstöcke zu streichen und Fensterrahmen abzuschleifen. Die Chormitglieder des in der Region längst anerkannten Chores ProvoCantus sind ebenfalls aktiv dabei, sie halfen von Beginn an beim Ausräumen und den Bauarbeiten.
Die Sobtzicks wissen: Wer singt, der sucht auch die Gesellschaft. Deshalb gibt es viele Chöre, die Seminarwochen halten oder Probenwochenenden – und oft nicht den nötigen Raum haben, um ihre Stimme zu Gehör zu bringen, ohne weitere Gäste oder die Nachbarn zu verärgern.
Damit schaffen die Sobtzicks Abhilfe. Sie bauen das Waidlerhäusl nicht nur für sich selber und ihren Chor ProvoCantus aus, sondern auch für alle weitern Sänger, aber auch für Musiker oder Menschen, die das Naturerlebnis im blicknahen Böhmerwald und die Stille eines idyllischen Grenzortes suchen. Schon jetzt sind ein riesiger Veranstaltungsraum, der auch Konzerten, Vorträgen und Lesungen Platz finden, eine bald urgemütliche, aber top-modern eingerichtete Küche mit einem historischen Kraustein, eine kuschelige Stube mit Kamin und ganz besondere Unterkunftsräume, teilweise mit alten Holzbalken verkleidet, sowie genügend moderne Bäder. „Die Waschbecken haben wir zum Teil auf dem Flohmarkt gekauft, wir suchen überall“, erklärt Barbara Sobtzicks schmunzelnd. Wichtig ist, dass sich die zukünftigen Gäste rundum wohl fühlen.
Eine Großinvestition ohne Fördermittel
Für ihr Projekt hat die fünfköpfige Familie – die Eltern sind im „richtigen Leben“ als Förderpädagogen engagiert – mehr als eine halbe Million Euro in die Hand genommen. „Man muss brennen für die Sache“, erklärt Ansver Sobtzick, und Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich gibt ihm Recht: „Man spürt förmlich die Begeisterung, und es ist großartig, wie ein altes Gebäude so geschmackvoll zu neuem Leben erweckt wird. Die Gemeinde Haidmühle und die ganze Region werden von dieser Einrichtung profitieren."
Die alte Bausubstanz des in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichteten Waidlerhauses ist weitgehend erhalten gewesen, vorher wurde nicht zu viel „verschlimmbessert“, wie Barbara Sobtzick es lächelnd nennt. Deshalb war es quasi Liebe auf den ersten Blick, als das Ehepaar beim Spazierengehen durch Haidmühle einen kleinen Zettel im Fenster des großen Hauses entdeckten, der sie darüber informierte, dass dieses Gebäude zu haben ist. Die Kaufsumme war im Rahmen, doch die Sanierung hat viel gekostet – Geld und Nerven. „Manchmal meint man schon, es geht nicht mehr weiter, und manchmal liegt man abends nur noch im Bett und denkt, was man morgen alles machen muss – doch es fügt sich doch immer wieder alles Stein auf Stein“, so die Bauherrin.
Ihr Mann plant bereits Veranstaltungen und Konzerte, kündigt zur Einweihung Stücke „nicht unter acht Stimmen“ an, denn: „Man muss die Besucher durchaus fordern, Spitzenkultur braucht Basisarbeit.“ Diese Basisarbeit kann nun bald im Landkreis Freyung-Grafenau betrieben werden. Übrigens: Zur festen Einrichtung gehören neben Trögen, die zu Sitzgelegenheiten umfunktioniert worden sind, natürlich auch ein Klavier, eine Gitarre, Notenständer und jede Menge Gesangbücher. Musizieren ausdrücklich erwünscht. "Diese beispielhafte private Investitionen ist ein Glücksfall für die Grenzgemeinde Haidmühle. Über die Kulturstiftung kann der Bezirk in Zukunft einen finanziellen Beitrag leisten, dass überregional bedeutsame Veranstaltungen für Sänger aus Niederbayern und darüber hinaus durchgeführt und finanziert werden können", kündigte Dr. Heinrich an.
Im Bild: Machten sich ein Bild vom Baufortschritt: Von links zweiter Bürgermeister Hermann Weidinger, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Bezirksrat Josef Heisl und die Familie, von links Tochter Jana, Mutter Barbara, Sohn Xaver und Vater Ansver Sobtzick