Finsterau. Einstimmig beschlossen die Mitglieder des Zweckverbandes “Niederbayerische Freilichtmuseen Massing im Rottal und Finsterau im Bayerischen Wald“ in ihrer Verbandsversammlung am 19. Juli in Finsterau, dass das über 300 Jahre Paul-Friedl-Haus gesichert und im Freilichtmuseum Finsterau wiederaufgebaut werden soll. Entsprechende Finanzmittel für die Bergung des Hauses werden bereits im Haushalt 2018 bereitgestellt werden. Der Wiederaufbau in Finsterau wird – so der Beschluss der Verbandsversammlung am Mittwoch – für die Jahre 2019/20 vorgesehen.
Das Haus, in dem vor 115 Jahren der Heimatdichter Paul Friedl geboren wurde, soll damit vor dem Verfall gerettet werden. Das Freilichtmuseum Finsterau plant, in Zusammenarbeit mit dem Karl Klostermann-Verein, dem Waldschmidt-Verein und dem Bayerischen Waldverein im Paul-Friedl-Haus künftig eine Begegnungs- und Pflegestätte für die Literatur des Bayerischen Waldes einzurichten.
„Die Rettung des traditionsreichen Paul-Friedl-Hauses ist eingeleitet, wir schaffen eine Zukunft für das Paul-Friedl-Haus“, betonte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Vorsitzender des Zweckverbandes. „Und wir wollen im Freilichtmuseum einen Ort der Literatur schaffen. Dieses Gebäude ist dazu hervorragend geeignet. Als Bezirkstagspräsident und Vertreter des Bayerischen Waldes ist für mich der Beschluss der Verbandsversammlung ein wichtiger Beitrag zur Kultur- und Heimatpflege unserer Region und nicht zuletzt zum Erhalt der regionalen Identität.“ Auch Bezirkstagsvizepräsident Max Brandl, der sich seit Jahrzehnten für den Erhalt des Paul-Friedl-Hauses stark macht, sprach sich ebenso wie weitere Zweckverbands-Mitglieder in der Sitzung ausdrücklich für das Projekt aus.
Das Paul-Friedl-Haus soll im Freilichtmuseum Finsterau eine Heimat für die Literaturpflege des Bayerischen Wald bekommen: literarische Veranstaltungen, Literaturgedenkstätte für Paul Friedl sowie Ausstellungen sind geplant. Paul Friedl, genannt „Baumsteftenlenz“, repräsentiert die niederbayerische Heimat- und Brauchtumspflege der 1950er bis 1980er Jahre. Dazu gehörte auch das Sammeln von Zeugnissen der Volksfrömmigkeit. Dieser Tradition soll in Finsterau auch mit einer Dauerausstellung von Wallfahrtsdevotionalien und Objekten der häuslichen Andacht gedient werden.
Seit Jahrzehnten steht das ehemalige Geburts- und Wohnhaus von Paul Friedl leer und verfällt immer mehr. Die Fenster des geschichtsträchtigsten Gebäudes in der Bayerwald-Gemeinde Spiegelau hängen windschief in den Angeln, die Holzvertäfelung ist marode. Das Haus ist jedoch bewahrenswert: Der mächtige Dachstuhl mit seinem Glockentürmchen datiert auf 1840/41, der Blockbau des Erdgeschosses ist 1756/57 entstanden. Die Verschindelung der Fassaden und das Walmdach machen das Haus einzigartig, betonte Museumsleiter Dr. Martin Ortmeier. Heimatpfleger, Eigentümer, Gemeinde und die untere Denkmalbehörde bemühten sich in der Vergangenheit um eine Erhaltung vor Ort. Jedoch kann das Paul-Friedl-Haus in Spiegelau nicht für Literaturveranstaltungen oder Volksmusikpflege genutzt werden, da die stark befahrene Staatsstraße 2132 direkt daran vorbeiführt und der Verkehr zu weiteren Schäden am Haus führt. Straßenlärm verhindert zudem Veranstaltungen im Inneren des Gebäudes. „Wir sind uns durchaus einig, dass ein Erhalt am Standort wünschenswert wäre. Aber die Bemühungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass dies nicht dauerhaft möglich ist“, so Dr. Olaf Heinrich. „Mit einem Aufbau im Freilichtmuseum und damit dem Erhalt des Hauses, wird ein großer Mehrwert geschaffen für den Bayerischen Wald und den Böhmerwald. Die Entscheidung der Verbandsversammlung hat eine große Signalwirkung.“
Das Freilichtmuseum Finsterau hat bereits am Rand seines Areals ein Flurstück gerodet, das in den 1950er Jahren mit Fichten aufgeforstet worden war. Dort soll das Paul-Friedl-Haus in den kommenden Jahren wiedererstehen. Anfang August wird unter anderem Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Reimer den geplanten Standort in Augenschein nehmen.
Neue Angebote, steigende Besucherzahlen
Die Betriebsleiterin des Freilichtmuseums Finsterau, Stephanie Herzig, informierte bei der Versammlung zudem über die Besucherentwicklung in den beiden Museen und stellte das erweiterte museumspädagogische Programm vor. Neu hinzugekommen sind vier Programme. Zwei der Angebote – „Vom Flachs zum Leinen“ und „Vom Schaf zum Filzobjekt“ – wurden bereits erfolgreich eingeführt und bisher von acht Schulgruppen gebucht. Die Resonanz der Teilnehmer war sehr positiv, so Stephanie Herzig. „Was erzählt mein Kleiderschrank“ ist ein weiteres pädagogisches Programm, bei dem die Schüler die Herstellung von Kleidungsstücken früher und heute vergleichen. Es richtet sich an weiterführende Schulen und wird im Moment von der Museumspädagogin noch ausgearbeitet. Erste Kontakte zu weiterführenden Schulen wurden bereits hergestellt und die erstmalige Durchführung des Programms findet noch vor den Sommerferien statt. Im März 2017 wurde im Freilichtmuseum die „Alte Schulstube“ eröffnet. Das museumspädagogische Schul-Programm wird seitdem wieder angeboten und auch regelmäßig durchgeführt.
Auch die Besucherzahlen konnten gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden: Für das erste Halbjahr 2017 verzeichnet Finsterau ein Besucherplus von 1,55 Prozent. In Massing konnten die Besucherzahlen für das erste Halbjahr 2017 von 15.900 Besuchern, auf 16.323 Besucher gesteigert werden.