Aicha vorm Wald. Die heimische Wirtschaft stärken, das wollen alle Politiker. Doch am Beispiel von Granit aus dem Bayerischen Wald zeigt sich, dass es von Seiten des Staates noch konkrete Handlungsoptionen gäbe, die bisher zu wenig berücksichtigt werden. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich besichtigte vergangene Woche gemeinsam mit dem Passauer Landrat Franz Meyer sowie den beiden Bezirksräten Cornelia Wasner-Sommer und Josef Heisl die Firma Kusser Granitwerke an ihrem Hauptsitz in Aicha vorm Wald.
Im Laufe von fast 100 Jahren hat man sich von einem kleinen Granitabbaubetrieb zum 120-Mitarbeiter-starken, international agierenden Unternehmen entwickelt, das längst viel mehr anbietet als Steine und Schotter für den Straßenbau. Bei „Schwimmenden Kugeln“ ist man Weltmarktführer, Brunnen aus dem Hause Kusser werden in aller Welt aufgestellt, Granitbrücken aus einem Stück werden bis in die USA exportiert und nun kommt eine innovative Klimaanlage in Form einer Wasser-Stein-Wand neu ins Sortiment – die ersten Planungen im arabischen Raum laufen.
Doch wie sieht es mit Aufträgen in der Heimat aus? „Welche Erfahrungen machen Sie bei öffentlichen Ausschreibungen?“, wollte der Bezirkstagspräsident von Geschäftsführer Georg und Josef Kusser, die das Familienunternehmen nun in die nächste Generation führen, wissen. „Wenn der Kunde das wirklich will, haben wir bisher noch keine Ausschreibung verloren“, so Georg Kusser, der darauf hinwies, dass es diverse Möglichkeiten gäbe – etwa sich vorab aus optischen Gründen auf das Material festzulegen, so dass die Ausschreibung nur mehr die restlichen Leistungen beinhaltet.
Landrat Franz Meyer wiederholte in diesem Zusammenhang seine Forderung an die Staatsregierung, dass die Ökobilanz stärker in den Richtlinien für öffentliche Ausschreibungen zum Ausdruck kommen müsse. „So kann der Bayerwald-Granit nämlich mithalten.“ Denn häufig komme es vor, dass sich Kommunen aus Kostengründen für den günstigeren Granit aus China entscheiden würden, teils auch gezwungenermaßen, wenn dieser im günstigsten Angebot enthalten ist. Ganz abgesehen von erheblichen Qualitätsunterschieden müsse aber der Politik das Verwenden regionaler Baustoffe und damit die Stärkung regionaler Kreisläufe am Herzen liegen – zumal Granit auch ein ökologischer Baustoff ist. Er weist eine überaus günstige CO2 Bilanz, da zur Herstellung des Naturwerkstoffs keine Energie eingesetzt werden muss und die im Abbau und der Verarbeitung verbrauchte Energie im Vergleich zu konventionellen Werkstoffen gering ist.
Olaf Heinrich brachte noch einen weiteren Gesichtspunkt in die Diskussion mit ein, als er von den Steinbrücken erfuhr, die die Kusserwerke seit rund zehn Jahren bauen und vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) bauaufsichtlich zugelassen sind. Dank ihrer Bauweise sind sie gegen Eindringen von Streusalz oder saurem Regen gesichert und damit wesentlich langlebiger als Brücken aus anderen Materialien. „Wenn man berücksichtigt, welch hohe Kosten die regelmäßigen Sanierungen verursachen, ist solch eine Granitbrücke eine interessante Option“, so Heinrich.
Und das, obwohl sich Granit wegen seiner extremen Druckfestigkeit, aber geringen Zugfestigkeit eigentlich nicht unbedingt für eine solche Verwendung anbietet. „Wir spannen den Granit jedoch mit spezieller Technik vor, sodass er extrem widerstandsfähig wird. Dabei ist das reduzierte Design die Stärke der vorgespannten Granitbrücken. Spannweiten von sieben Metern können mit einer nur 15 Zentimeter starken Granitplatte realisiert werden. Selbst bei größeren Spannweiten sind die Brücken mehr als doppelt so schlank als Brücken konventioneller Bauweise“, erklärte Georg Kusser, der zudem betonte: „Granit ist der einzige Baustoff, der ohne zusätzlichen Korrosionsschutz auskommt.“ Die Stahlkonstruktion ist an der unteren Seite angebracht und verschwindet in schmalen Schlitzen im Stein, so dass sie vor der Witterung geschützt ist. Bis zu 20 Meter lang kann eine Granitbrücke am Stück haben, ist die Distanz größer, wie beispielsweise in Neuhaus am Inn, werden mehrere Teile aneinandergefügt.
„Der Schritt in die Nische“, den in den 80er Jahren Josef Kusser sen. wagte, ist das Erfolgsgeheimnis der Kusser Werke, die eines der letzten Granitunternehmen in der vormals so vom Granitabbau geprägten Region sind. Die „Schwimmenden Kugeln“, die sich fast magisch nur auf einem dünnen Wasserfilm drehen, verkaufte Kusser in alle Welt, während daheim der Markt für Pflastersteine einbrach. Dank ihrer eigenen Steinbrüche und der daraus folgenden Rohstoffunabhängigkeit steht die Firma gut da. Doch angesichts der Tatsache, dass sie 95 Prozent ihrer Aufträge von der öffentlichen Hand bekommt, sollte sich auch die heimische Politik in der Verantwortung sehen, waren sich Landrat, Bezirkstagspräsident und Bezirksräte einig.
Wie angenehm etwa eine Klimaanlage aus Wasser und Stein – das jüngste Kusser-Produkt – auch in den eigenen Amtsräumen wäre, konnten die Gäste an dem drückend heißen Nachmittag gleich selbst testen. Ökologisch wäre es, da die Anlage ein Minimum an Strom verbraucht, durch die Anheftung von Kondenswasser aus der Luft aber sogar zusätzliches Wasser produziert. Bei einer drei Meter langen Wand fallen dabei täglich rund zehn Liter Wasser an. Für den arabischen Raum plant Kusser bereits Bushäuschen damit – vielleicht findet sich aber in Zukunft auch in der Region diese Technik in dem ein oder anderen Projekt wieder.
Bildunterschrift: Landrat Franz Meyer (v. r.), die Leitung der Fa. Kusser bestehend aus Josef Kusser sen. und den beiden Söhnen Josef und Georg, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, die Bezirksräte Cornelia Wasser-Sommer und Josef Heisl sowie der Bürgermeister von Aicha v. Wald, Georg Hatzesberger.