Chancen und Herausforderungen des Klimawandels

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich diskutiert mit Fachleuten aus Obstbau und Fischerei über die Konsequenzen des Klimawandels in Niederbayern

Foto: Bezirk Niederbayern, Sabine Bäter

„Niederbayern ist eine Obstbauregion der Zukunft“, zitierte Alfons Vilser, Bio-Obstbauer aus Alteglofsheim, einen Kollegen aus Südtirol bei der Gesprächsrunde im Lehr- und Beispielsbetrieb für Obstbau Deutenkofen. „Niederbayern ist eine verkannte Obstbauregion“, bestätigte der Leiter des Lehr- und Beispielsbetriebs Hans Göding. Anders als Landwirte, die Ackerbau betreiben, erwarten die Obstbauern dieses Jahr außerordentlich gute Erträge bei gleichzeitig sehr hoher Qualität. „Entscheidend hierfür waren die hervorragenden Bedingungen im Mai“ erläuterte Hans Göding. Dann fände die wichtigste Phase der Zellteilung in der sich gerade bildenden Frucht statt. Insgesamt verbessern sich die klimatischen Bedingungen in  Niederbayern durch mehr Wärme und Licht im Frühjahr. Selbst der gestiegene Kohlendioxid-Ausstoß sei gut für den Obstbau, denn CO² benötigen Obstbäume wie alle Pflanzen zur Photosynthese.

Die ebenfalls häufiger auftretenden Nachtfröste im Frühjahr können aber fatale Auswirkungen haben – so wie es 2017 der Fall war. Erfolgreicher Obstbau hänge letztendlich von den Schutzmaßnahmen ab, die Obstbauern in der Lage sind zu leisten. Denn mit häufigen Wetterextremen sei weiterhin zu rechnen. Hilfen für die Bewältigung der Herausforderungen durch den Klimawandel leistet der Lehr- und Beispielsbetrieb in Deutenkofen durch Beratung sowohl von Erwerbsobstbauern als auch von Hobbygärtnern und Besitzern von Streuobstwiesen. Außerdem wird unter anderem in Deutenkofen seit einigen Jahren wieder die Ausbildung zum Baumwart angeboten. Baumwarte sind die Spezialisten für die Pflege und den Erhalt von Obstgehölzen – ein Fach, das fast in Vergessenheit geraten war, mittlerweile aber wieder gefragter ist denn je.

Dieses Jahr war es die ausgeprägte Trockenheit, die den Kulturen zu schaffen gemacht hat. Das bekam auch der junge Obstbauer Daniel Dorfmeister aus Aholming zu spüren. „Wir sind dieses Jahr mit der Pflanzung von 2.000 Jungbäumen gestartet und ziemlich schnell war klar, dass wir ohne Bewässerung nicht auskommen werden. Durch Tröpfchenbewässerung haben wir unsere Bäume gut durch die trockene Zeit gebracht.“ Dorfmeister hatte sich von Hans Göding bereits bei der Planung seiner Apfelpflanzung beraten lassen. Die globale Erwärmung sehe er aus niederbayerischer Sicht weniger als Bedrohung, sondern eher als Chance.

Die niederbayerische Fischerei steht vor großen Herausforderungen

Ein nicht ganz so optimistisches Bild zeichnete Dr. Stephan Paintner, Fischereifachberater des Bezirks Niederbayern. Starkregen und Trockenperioden, also Hoch- und langanhaltendes Niedrigwasser, wechseln sich ab und bedeuten Stress für Fische in allen Gewässern. Unter solchen Bedingungen kommt es auch bei den Fischzuchtbetrieben nicht nur zu einem verminderten Wachstum der Fische und damit zu geringeren Erträgen, sondern im Extremfall sogar zu „Totalausfällen“. Vor allem in der Forellenteichwirtschaft sei die Wasserzufuhr entscheidend, also Menge, Temperatur und Sauerstoffgehalt. Letzterer hänge von der Temperatur ab, denn je höher die Wassertemperatur, desto niedriger sei der absolute Sauerstoffgehalt im Wasser. Arktische Fischarten wie die Rutte, die auch im Fischereilichen Lehr- und Beispielsbetrieb in Lindbergmühle bei Zwiesel gezüchtet wird, stellen bei 19 Grad Celsius ihre Aktivität ein und halten eine Art Sommerschlaf.

Die negative Entwicklung durch die globale Erwärmung sei in den vergangenen zehn Jahren deutlich spürbar geworden, so Jörg Illing, Berater des Fischerzeugerrings Niederbayern, der 180 Betriebe in Niederbayern betreut. Obwohl es der Karpfenteichwirtschaft etwas besser erginge, gäbe es auch dort Probleme, weil die Teiche zu früh im Jahr zu warm werden. Langfristig werde die Fischproduktion in Niederbayern zurückgehen und sich durch den Wegfall vieler Fischweiher auch die Kulturlandschaft verändern, prognostizierte Illing.

Dieser Entwicklung will die Fischereifachberatung mit dem Fischereilichen Lehr- und Beispielsbetrieb Lindbergmühle begegnen. Anlagen, die für die Zukunft gerüstet sein sollen, müssen entsprechend geplant werden, aber auch mit adäquater Technik ausgestattet werden. Wie es geht, zeigt der Betrieb in Lindbergmühle mit seiner 2010 installierten Teilkreislaufanlage, die Wasser spart und dennoch beste Bedingungen für die Tiere gewährleistet. Diese Art von Anlagen hat das Potential, in den nächsten Jahren Einzug in viele Privatbetriebe zu halten, so Paintner. Den Beispielsbetrieb für die Zukunft zu rüsten, ist einer der ersten Schritte zur Realisierung des Klimaschutz-Teilkonzepts des Bezirks Niederbayern. Im Bereich der Fischerei investiert der Bezirk derzeit rund 2,2 Millionen Euro in die Modernisierung und die Erweiterung der Betriebs- und Schulungsgebäude, um noch mehr Beratung für Ratsuchende leisten zu können. Im Rahmen der Modernisierung ist auch der Bau einer Vollkreislaufanlage vorgesehen.

Herausforderungen bewältigen durch öffentliches und privates Engagement

„Der Klimawandel wird Niederbayern verändern und der Bezirk Niederbayern schaut nicht tatenlos zu“, so Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. Der Bezirk setzt beispielsweise im Bezirksklinikum Mainkofen schon seit 2004 auf nachwachsende Ressourcen beziehungsweise klimaneutrale Energiequellen mit seiner Hackschnitzelheizanlage, die in 2017 rund 1,7 Megawattstunden Strom erzeugt und das große Klinikum geheizt hat.

„2017 haben wir außerdem ein Paket geschnürt, das die Untersuchung aller Gebäude und Liegenschaften des Bezirks enthält, um Einsparpotentiale auszuloten“, erläuterte Heinrich das Klimaschutz-Teilkonzept des Bezirks. Insgesamt könne der CO²-Ausstoß um jährlich 935 Tonnen gesenkt werden. Die einzelnen Maßnahmen sollen in den kommenden Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden.

„Ich sehe eine große Vorbildfunktion für den Bezirk Niederbayern.“ Doch nicht alle potentiell wirksamen Maßnahmen seien mit Investitionen verbunden. Noch besser als technische Lösungen für mehr Energieeffizienz und den Einsatz regenerativer Energien sei die Energie, die erst gar nicht verbraucht wird. Dabei sei jeder Einzelne gefordert, indem er sorgsam mit unseren Ressourcen umgehe, sein Nutzerverhalten darauf einstelle und mehr regional produzierte Lebensmittel konsumiere. Ein weitsichtiges Nutzerverhalten vorgenommen hat sich auch der Bezirk: „Wir wollen uns in den nächsten Jahren mehr darum kümmern, dass Patienten in den Bezirkskrankenhäusern mehr regional produzierte Lebensmittel erhalten. Diese und weitere Maßnahmen sparen CO², helfen beim Erhalt unserer heimischen Kulturlandschaft, stützen die Wirtschaft und sichern Arbeitsplätze in Niederbayern.“

Im Bild: Bei einer Führung erläuterte Betriebsleiter Hans Göding die Effekte, die ein Hagelschutznetz bewirkt.