Jedes Kind spielt eine Rolle

Warum Theater die Persönlichkeitsentwicklung unterstützt – Bezirkstagspräsident zu Besuch in Arnbruck

Nicht jedes Kind ist gleich begabt oder gleich schlau. „Aber jedes Kind ist etwas wert, man darf keines hängenlassen“, so hatte es Hans Weiß als Grundschulleiter in Arnbruck (Landkreis Regen) stets vorgelebt. In all den Jahren ließ er keinen Schüler durchfallen. Seit seiner Pensionierung setzt er diese pädagogische Überzeugung auch ehrenamtlich fort und führt jedes Jahr zu Ostern ein Kinder- und Jugendtheater auf – mittlerweile an vier Nachmittagen, weil die Besucher immer mehr werden. Kein Wunder, denn neben einer liebevoll und detailreich inszenierten Märchengeschichte bekommen die Zuschauer auch Kinder und Jugendliche zu sehen, die begeistert und selbstbewusst auf der Bühne stehen.

Davon wollte sich nun auch Dr. Olaf Heinrich ein Bild machen. Denn als Bezirkstagspräsident ist er immer öfter mit der Tatsache konfrontiert, dass psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen stark zunehmen – deshalb wird der Bezirk in den nächsten Jahren Außenstellen in dem Fachbereich in Waldkirchen und Zwiesel einrichten. Im Gespräch mit Hans Weiß erwähnte Heinrich, wie hoch in Fachkreisen der positive Einfluss von Theaterspielen auf die Persönlichkeitsentwicklung eingeschätzt werde. Erst kürzlich hatte er sich darüber mit dem Oberarzt Dr. Roland Ebner von der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deggendorf ausgetauscht. So traf es sich gut, dass Heinrich bei seinem Besuch in Arnbruck auch ein paar Kinder kennenlernen konnte, die ab 4. April wieder auf der Bühne stehen. „Ich war schon eine Maus, eine Unke und heuer darf ich Dornröschen spielen“, sagt die Viertklässlerin Sophia Penzkofer stolz. Nervös sei sie noch nicht, das komme erst bei der Generalprobe, meint sie recht lässig. Hannes Reith hingegen wirkt ein wenig aufgeregter, als Küchenjunge hat er seinen ersten Theaterauftritt. Hans Weiß will, dass jedes Kind merkt, wie wichtig seine Rolle ist. Auch den Blickkontakt zum Publikum sowie die Sprechtechnik lernt er den Kleinen. „In einer Gesellschaft, die immer mehr auf Konkurrenz und Aussiebung setzt, sind solche Beispiele von großer Bedeutung“, lobte der Bezirkstagspräsident. Der Theaterleiter ist sich im Klaren, dass man gesellschaftliche Mechanismen nicht so leicht ändern könne. Manche Kinder seien nun mal begabter als andere, manche hätten einfach mehr Probleme zuhause. „Aber das sagt ja nichts über den Wert des einzelnen Kindes aus.“

Sobald sich der Applaus einstellt, strahlen die Kinder auf der Bühne und jeder ist stolz auf seinen Beitrag. „Wer weiß, ob diese Erfahrung nicht auch dazu beiträgt, dass sich die Kinder später selbst einmal ehrenamtlich engagieren oder ein Theater gründen?“, so Heinrich. Für Hans Weiß, dessen Theaterleidenschaft in den 70er-Jahren am Internat in Passau begann, ist das jedoch nebensächlich. „Mir reicht es, wenn ich die Kinder heute begeistern kann. Auf die Zukunft habe ich keinen Einfluss“, sagt Weiß bescheiden, der für sein kulturelles Engagement im vergangenen Jahr die Bundesverdienstmedaille verliehen bekam.

Spätestens als Dornröschen dem Bezirkstagspräsidenten schüchtern verriet, dass sie im Stück von Prinz Heinrich wachgeküsst und für ihren Auftritt sogar geschminkt wird, war er so von der Begeisterung der Kinder angesteckt, dass er sich für die Premierenvorstellung gleich eine Karte reservierte. „Schön, dass du kommst“, meinten die daraufhin. Und auch Hans Weiß war davon angetan, dass dieser unerwartete Premierengast vor allem für die Kinder und Jugendlichen eine große Wertschätzung darstellen wird.

Foto: Bezirk Niederbayern
Bildunterschrift: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (2. v. l.) ließ sich von der Begeisterung der jungen Theaterspieler anstecken, die von Hans Weiß (l.) angeleitet und von Elisabeth Weber eingekleidet werden.