Eggenfelden. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich besuchte heute gemeinsam mit Bezirksrat Dr. Thomas Pröckl den diesjährigen Kulturpreisträger des Bezirks Niederbayern Ulrich Brunner in Eggenfelden. Der Unternehmer betreibt dort neben seinem Firmengelände sowie auf seinem Privatanwesen in Stadl, Gemeinde Arnstorf, symbiotische Landwirtschaft und hält u. a. mit dem „Bunten Bentheimer Schwein“ eine alte, stark gefährdete Nutztierrasse. Für sein beispielgebendes Engagement wird er auf Vorschlag von Bezirksrat Pröckl mit dem Kulturpreis 2018 des Bezirks Niederbayern ausgezeichnet. Der Preis ist mit 6.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 30. Juli im Rahmen eines Festakts statt.
Der Ausschuss für Kultur-, Jugend- und Sportförderung des Bezirks Niederbayern unter Vorsitz von Bezirkstagsvizepräsident Franz Schedlbauer hatte sich in seiner Sitzung am 21. Juni für diese unkonventionelle Kulturpreisvergabe entschieden. Der Begriff Kultur leitet sich vom lateinischen Wort „cultura“, der „Kultivierung des Bodens“ ab. In diesem kulturhistorischen Sinn stellen also die Landbewirtschaftung ebenso wie die über Jahrhunderte gezüchteten, alten Haus- und Nutztierrassen eine Kulturleistung dar. Diese traditionelle Interpretation von Kultur ist zugleich eine sehr zeitgemäße. Die modernen Kulturwissenschaften propagieren seit langem den sogenannten weiten Kulturbegriff. Dieser enge Kultur nicht auf Hochkultur, Kunst und ästhetische Werte ein, sondern bezeichne das von Menschen Geschaffene und Gestaltete, erläuterte Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder während der Sitzung des Ausschusses. Kulturlandschaft, Nahrungs-, Kleidungs-, Sprach-, Bau- und Wohnkultur zähle man ebenso dazu wie Bräuche, Traditionen und Kunst in all ihren Facetten.
Dass Kunst Kultur ist, aber Kultur mehr als Kunst umfasst, zeigt der Bezirk Niederbayern mit seinen bisherigen Kulturpreisträgern. 2016 erhielt der Fürstenzeller Künstler Hubert Huber als erster den Bezirkskulturpreis für seine dreißigjährige kulturpolitische Tätigkeit im Berufsverband bildender Künstler. 2017 war es Sepp Obermeier aus Gossersdorf, der für seinen Einsatz um die bairische Sprach- und Mundartpflege ausgezeichnet wurde.
Der diesjährige Kulturpreisträger, Ulrich Brunner, engagiert sich für alte Nutztierrassen. Sie sind Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses, von Menschen geschaffenes Kulturgut und prägen die jeweilige Kulturlandschaft. Nicht zuletzt deshalb seien sie schützenswert – ebenso wie Baudenkmäler und Kunstwerke, klärt die „Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH)“ auf, die 1981 im Rottal gegründet wurde. Allein in Deutschland stehen etwa 130 Nutztierrassen auf der Roten Liste. Auch das Bunte Bentheimer Schwein gehört dazu, das sich auf dem Anwesen von Ulrich Brunner tummelt.
Zu den Tieren führte er auch Bezirkstagspräsident Heinrich und Bezirksrat Pröckl. Die kleine Delegation konnte live erleben, wie glückliche Schweine aussehen: Eine Herde zwei Monate alter Tiere ließ sich zunächst zutraulich mit Körnern füttern, um anschließend wohlig ein Bad im Matsch zu nehmen. Die älteren Tiere nebenan dösten auf ihrer Weide in der Sonne. „Wenn es den Tieren gut geht, dann geht es den Menschen auch gut“, begeisterte sich Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich bei seinem Besuch. „Wir haben einen würdigen Kulturpreisträger, besonders wenn man Kultur im ursprünglichen Sinne des Begriffs, also dem Bestellen von Boden, sieht. Das, was Ulrich Brunner hier geschaffen hat, ist überaus nachahmenswert.“ Dr. Thomas Pröckl ging es darum, das „große persönliche Engagement des Unternehmers“ zu würdigen und zu zeigen: „Auch der Erhalt alter Rassen gehört zur Kultur. Kunst ist Kultur, aber Kultur ist nicht nur Kunst.“
„Hinter dem Konzept ,Symbiotische Landwirtschaft‘ steckt altes Wissen, das neu entdeckt und neu durchdacht wurde“, informierte Brunner. „Unsere Schweine leben in Gemeinschaft mit Hühnern. Beide Arten profitieren davon. Die Schweine halten dem Federvieh Fressfeinde wie Marder oder Fuchs vom Leib, im Gegenzug picken die Hühner den Borstentieren lästiges Ungeziefer aus dem Fell. Die Tiere leben das ganze Jahr über im Freien. Sie ernten ihr Futter selbst. Um Bodenverdichtung durch Übernutzung zu vermeiden, sind Ställe und Futtertröge beweglich. Durch das Umwühlen des Ackers, muss dieser für die Aussaat nur mit leichtem Gerät bearbeitet werden. Der Anbau der vielen verschiedenen Pflanzenarten bereichert zudem das Bodenleben. Die Symbiotische Landwirtschaft ermöglicht den Tieren ein freies, artgerechtes Leben“, so Brunner.
Bildunterschrift: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (r.) und Bezirksrat Dr. Thomas Pröckl (2. v. r.) konnten sich bei Ulrich Brunner ein Bild davon machen, wie artgerechte Tierhaltung in der Praxis aussieht.