Nicht nur die Krisen, sondern auch das Gute wahrnehmen

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (l.) und der Chefarzt der Forensik in Mainkofen, Dr. Johannes Schwerdtner (r.).

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im Gespräch mit Forensik-Chefarzt Dr. Johannes Schwerdtner

Mainkofen. Es ist schon gute Tradition geworden, dass sich Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich zum Jahresende mit dem Chefarzt der Forensik in Mainkofen über die Entwicklungen des vergangenen Jahres austauscht. Dr. Johannes Schwerdtner konnte heuer berichten, dass man im ärztlichen Bereich mehrere Stellen besetzen konnte, sodass man nun gut ausgestattet sei. „Vor wenigen Jahren hätte ich das so nicht erwartet“, so der Chefarzt.

Die Forensik in Mainkofen erfreue sich großer Kontinuität mit einem eingespielten Behandlungsteam, das „großartige Arbeit“ leiste. Eine Neuerung der letzten Jahre war eine neue Station, die im Vergleich zur weiteren Station im Haus weniger stark gesichert ist, was anfangs auch mit Bedenken beim Personal verbunden war. Doch es funktioniere gut, so Schwerdtner, nur bei akuten Krisen müssten Patienten wieder in den gesicherten Bereich wechseln. Dieser räumliche Spielraum gehe etwas zulasten der Belegungsquote, die aktuell bei 98 Prozent liegt.

Auf den Erfolg der Behandlungen wirke sich das jedoch positiv aus. Rund die Hälfte der suchtkranken Patienten sei nach der Behandlung in der Forensik ein, zwei Jahre rückfallfrei. Bei den psychisch kranken Patienten liegt die Quote sogar bei 90 Prozent. Vor allem auch deshalb, weil diese meist in andere Einrichtungen entlassen werden. „Das Netzwerk an Unterstützung ist gut ausgebaut“, meinte Schwerdtner, sodass erneute Krisen schnell bemerkt werden und man dementsprechend reagieren könne. Insgesamt werden in der Mainkofener Forensik 165 Patienten stationär und weitere 150 ambulant behandelt.

Die Unterbringung im Maßregelvollzug kann durch ein Gerichtsurteil für Personen mit einer Suchterkrankung oder psychischen Störung gemäß der §§ 63 oder 64 Strafgesetzbuch angeordnet werden. Nach einer Gesetzesänderung könnten die Patienten mit einer Suchterkrankung künftig weniger in eine Entwöhnungsbehandlung eingewiesen werden, da hier die Hürden für die Unterbringung in der Forensik angehoben wurden. Sie werden in Zukunft womöglich öfter zu einer Haftstrafe verurteilt, was dazu führt, dass im Vergleich zur Unterbringung in der Forensischen Klinik die Betroffenen weniger Therapieangebote vorfinden. „Wir werden sehen, wie nun die Gerichte die neuen Vorgaben in der Praxis anwenden“, so der Chefarzt, der mit einem Rückgang der Einweisungen in einer Abschätzung von 10 bis 30 Prozent bei den Einweisungen gemäß § 64 StGB rechnet. Bei der Zahl an psychisch kranken Patienten wird sich voraussichtlich wenig ändern. „Hier haben wir mehr Patienten, als wir behandeln können.“

Bei den Plänen der Bundesregierung, Cannabis zu legalisieren, sieht er die mittelfristige Gefahr, dass Patienten im psychiatrischen Bereich zunehmen, da junge Menschen, die über Jahre hinweg zu viel von der Droge konsumieren, stärker gefährdet sind, Psychosen entwickeln können. „Deshalb haben sich unsere Verbände auch klar gegen die Liberalisierung ausgesprochen.“ Generell habe sich der Drogenkonsum gesellschaftlich verbreitet, findet der Chefarzt. „Es gibt viele, die statt Kaffee morgens Stimulanzien nehmen, um durch den Tag zu kommen. Und das nicht nur in den Städten, sondern auch in ländlichen Regionen.“ Während Konsumenten mit einem funktionierenden sozialen Netz und damit einhergehenden Kontrollmechanismen seltener straffällig werden, seien Menschen am Rande der Gesellschaft weniger resilient und kämen in Folge des Drogenkonsums schneller mit dem Gesetz in Konflikt. Darunter auch Menschen mit Migrationshintergrund, die die Forensik in Mainkofen zunehmend auch mit neuen Herausforderungen, wie z.B. Deutschunterricht oder Klärung des ausländerrechtlichen Status, beschäftigen.

Als äußerst positiv wertet der Forensik-Chef die gute Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei, mit der man sich regelmäßig austauscht. Auch die Bevölkerung schätze die Arbeit der Forensik-Mitarbeiter, so sein Eindruck. „Wir kümmern uns hier um einen Teil der Gesellschaft, der am Rand steht. Das ist phasenweise keine einfache Arbeit.“ Ursprünglich waren die forensischen Kliniken schon von den Sozialdemokraten in den 1920er-Jahren vorbereitet worden, mit dem Gedanken, dass man kranke Straftäter nicht in ein Gefängnis sperren sollte, sondern ihnen einen Rahmen gibt, wo sie auch behandelt werden. „Das ist sehr komplex und es gibt keine einfachen Lösungen.“

Dass die Mitarbeiter in der forensischen Klinik dafür tagtäglich ihr Bestes geben und dieser herausfordernden Arbeit so engagiert nachgehen, dafür bedankte sich der Bezirkstagspräsident und wünschte der Belegschaft einen guten Start in das neue Jahr 2024. Dr. Johannes Schwerdtner bedankte sich seinerseits für den Besuch, der auch eine Wertschätzung für die Klinik sei und hoffte – sowohl mit Blick auf die Patienten als auch allgemein als Gesellschaft – dass man nicht nur auf die Krisen blickt, sondern auch das Gute wahrnehmen und betonen solle.


Im Bild: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (l.) und der Chefarzt der Forensik in Mainkofen, Dr. Johannes Schwerdtner (r.).

Foto: Lang, Bezirk Niederbayern