Experten und politische Akteure diskutieren über Wertevermittlung und politische Bildung
Mainkofen. Das Zusammenleben der Menschen untereinander, ihre Rechte und Pflichten, ihr Verhältnis zum Staat: All das und noch viel mehr ist in den Verfassungen – dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaats Bayern – geregelt. Eine Verfassungsviertelstunde soll bayerischen Schülerinnen und Schülern seit Beginn des Schuljahres die Werte näherbringen auf denen beide Rechtstexte fußen. Das hat die Bayerische Staatsregierung auf Initiative des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege beschlossen. Über das Für und Wider dieser Idee haben am Dienstag im Festsaal des Bezirksklinikums Mainkofen Experten und politische Akteure diskutiert. Eingeladen hatten der Bezirk Niederbayern und der Landesverein für Heimatpflege.
Mit dabei: Bernd Sibler, Landrat des Landkreises Deggendorf, Prof. Dr. Martin Balle, Verleger der Mediengruppe Attenkofer, Prof. Dr. Ulrike Müßig vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht sowie Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität Passau und Raimund Schuller vom Comenius Gymnasium Deggendorf. Die Moderation übernahm Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins. Monika Drasch und Martin Danes begleiteten die Veranstaltung musikalisch.
Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl begrüßte die rund 50 Gäste in Mainkofen mit einem Zitat von Heribert Prantl: „Verfassungen sind so etwas wie Liebesbriefe an ein Land.“ Und sie seien ebenso verschieden. Manche seien feurige Texte voller Pathos, andere eher wie „Liebeskummerbriefe“. Zur zweiten Kategorie zählte Dr. Pröckl das Grundgesetz, das im Angesicht eines Trümmerfeldes nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfasst wurde. Doch: „Dieses Grundgesetz mit seiner kargen, dafür aber klaren und schönen Sprache hat sich bewährt. Oder anders gesagt: Ohne unsere Verfassung hätte sich unser Land nicht so erfolgreich entwickelt.“
Man könne sich aber auch auf einer gelungenen Verfassung nicht ausruhen, so Dr. Pröckl weiter. „Demokratie muss immer wieder neu erlernt werden. Demokratie beginnt in der Schule, sie ist ein Lebensprinzip.“ Dr. Pröckl lobte deshalb die Initiative des Landesvereins. Die Verfassungsviertelstunde sei ein wichtiges Instrument, um Schülerinnen und Schüler an die Thematik heranzuführen und politische Bildung zu vermitteln. „Gerade in einer Zeit, in der populistische Vereinfachungen und Desinformation oft lauter sind als die leisen, sachlichen Töne der Vernunft, ist es entscheidend, das Bewusstsein für unsere demokratische Kultur zu stärken.“
Wie können wir Werte vermitteln? Brauchen Menschen ein Heimatgefühl? Diese Fragen stellte Moderator Dr. Neumaier der Runde voran. Daraus entwickelte sich schnell ein ausgewogenes, sachliches, aber auch kontroverses Gespräch über wichtige Grundprinzipien des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Wie sollte man mit Sozialen Medien und auf diesem Wege verbreiteten Desinformationen umgehen? Was kann Schule leisten? Welche Rolle spielt das bei vielen Jugendlichen omnipräsente Smartphone in dieser Gemengelage?
Am Ende stand keine klare Antwort, kein Leitfaden für den Umgang mit diesen Themen. Aber die Runde lieferte den Zuhörern viele wichtige Denkanstöße und reflektierte Vorschläge über die wohl noch in vielen weiteren Debatten im positivsten Sinn gestritten werden muss. In einem Punkt waren sich jedoch sowohl die Diskutanten als auch das Publikum weitgehend einig: Die Verfassungsviertelstunde bereichert das Schulleben und die demokratische Kultur.
Bildunterschrift: Auf dem Podium diskutierten: Raimund Schuller vom Comenius Gymnasium Deggendorf (v. l.), Prof. Dr. Martin Balle, Verleger der Mediengruppe Attenkofer, Prof. Dr. Ulrike Müßig vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht sowie Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität Passau und Bernd Sibler, Landrat des Landkreises Deggendorf. Die Runde moderierte Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins.
Bildquelle: Bezirk Niederbayern, Korbinian Huber