Der Bezirk Niederbayern informierte über den aktuellen Stand der Planung zum psychiatrischen Krisendienst
Landshut. Rund 100 Fachleute aus den Bereichen Psychiatrie, sozialpsychiatrische Dienste, freie Wohlfahrtspflege und Selbsthilfegruppen waren gestern der Einladung des Bezirks Niederbayern gefolgt, um sich über den geplanten psychiatrischen Krisendienst zu informieren.
Zur Zielgruppe des neuen Dienstes gehören Menschen in akuten seelischen Krisen sowie deren Angehörige und das soziale Umfeld.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich erläuterte in seiner Begrüßung, dass sich der Auftrag zum Aufbau des psychiatrischen Krisendienstes aus dem seit August vergangenen Jahres gültigen Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz ergibt. „Ziel des Gesetzes ist es, psychische Erkrankungen weiter zu entstigmatisieren sowie Menschen in psychischen Krisen Anlaufstellen zu bieten und ihnen durch eine frühzeitige Unterstützung wirksam zu helfen“ so Dr. Heinrich. „So groß die Herausforderung auch sein mag, so essentiell ist der Dienst für Menschen in akuten seelischen Krisen“. In vielen Fällen könne eine sehr schnelle Hilfe die Eskalation einer kritischen Situation verhindern.
Der Bezirksausschuss hatte bereits vergangenen September beschlossen, eine Leitstelle am Bezirkskrankenhaus Landshut einzurichten, die über eine zentrale Telefonnummer erreichbar ist. Zunächst werde die Leitstelle tagsüber erreichbar sein, erläuterte Stefan Eichmüller, Leiter des Referats Gesundheitseinrichtungen und Direktor des Bezirkskrankenhauses Landshut. Das Ziel ist jedoch eine Erreichbarkeit über 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Besetzt wird sie mit professionellem Fachpersonal, das sofort auf das Anliegen des Hilfesuchenden eingeht und gegebenenfalls Vorschläge für weitere Hilfen unterbreitet. In besonderen Fällen sucht ein mobiles Einsatzteam den Anrufer direkt auf. Diese Teams bestehen aus mindestens zwei speziell geschulten Fachkräften, wie etwa psychiatrisch erfahrene Sozialpädagogen, Psychologen oder Fachkrankenpfleger. Diese sollen an verschiedenen Orten in Niederbayern angesiedelt sein, sodass die Anfahrt zum Betroffenen möglichst nicht länger als eine Stunde in Anspruch nimmt.
In den meisten bayerischen Bezirken befindet sich der Krisendienst derzeit im Aufbau. Einen funktionierenden Dienst gibt es bereits in Oberbayern. Sozialpädagogin Amöna Woyde, die maßgeblich am Aufbau des Krisendienstes in München beteiligt war, berichtete dem interessierten Publikum bei der Auftaktveranstaltung über die Erfahrungen in der Landeshauptstadt. Etwa 25.000 Anrufer hätten 2018 über die Münchner Leitstelle Hilfe gesucht, so Woyde. Die meisten Anrufe liefen üblicherweise an Montagen auf. So unterschiedlich die Anrufer sind, so verschieden seien auch die Verläufe der Gespräche. Manches könne bereits beim ersten Kontakt gelöst werden, andere Menschen brauchen dagegen eine langfristige Betreuung, die von der Leitstelle vermittelt wird. In wenigen Fällen sei ein Besuch vom mobilen Einsatzteam nötig gewesen.
Claudia Holzner, Psychiatriekoordinatorin des Bezirks Niederbayern und zuständig für den Aufbau der nötigen Strukturen, erklärte, dass neben der Leitstelle auch der Aufbau eines Krisennetzwerks entscheidend sei. „Zur Nutzung von Synergieeffekten und zur Kostenminimierung sollten bereits vorhandene Versorgungsstrukturen einbezogen und genutzt werden, gegebenenfalls auch durch geeignete Kooperation und Vernetzung“, so Holzner. Die Regelversorgung bietet heute schon verschiedene Möglichkeiten der akuten Krisenintervention. Die Schwierigkeit hierbei sei aber, dass derzeit eine „Komm-Struktur“ bestünde. In sehr akuten Situationen könne dies zur unüberwindbaren Hürde werden.
Im Bild: Sozialpädagogin Amöna Woyde (re.) berichtete über die Erfahrungen des psychiatrischen Krisendienstes in Oberbayern; links im Bild: Bezirkstagspräsident Dr. OIaf Heinrich und Irmgard Kaltenstadler, Direktorin der Sozialverwaltung des Bezirks Niederbayern
Foto: Bezirk Niederbayern, Bäter