Vom digitalen Dorf bis zur Marsforschung

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Campusleiterin Prof. Dr. Diane Ahrens

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich besucht Technologiecampus Grafenau

Grafenau.
Seit gut zehn Jahren gibt es den Technologiecampus in Grafenau, eine Forschungseinrichtung der Technischen Hochschule Deggendorf. Was mit dem Schwerpunkt auf Logistik damals begann, weitete sich auf immer mehr Bereiche aus. Heute werden von Grafenau aus digitale Dörfer entwickelt, künstliche Intelligenz für Datenanalysen genutzt, Roboter praxistauglich gemacht, intelligente Systeme für Mülltrennung konzipiert und sogar Kameraaufnahmen vom Mars analysiert.

Campusleiterin Prof. Dr. Diane Ahrens hatte Bezirkstagspräsidenten Dr. Olaf Heinrich eingeladen, um ihm das breite Aufgabenfeld der insgesamt 45 Mitarbeiter vorzustellen. Schwerpunkt des Gesprächs waren vor allem Möglichkeiten, Digitalisierung sinnvoll zu nutzen, um gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land zu unterstützen. Zunächst gehe es dabei um die Frage, welche Digitalisierungs-Aufgaben Bezirk, Landkreis, ILEs und Kommunen haben, um gerade kleinere Kommunen, die nicht alles selber machen können, zu unterstützen. „Die Standardisierung ist hier der Schlüssel“, so Diane Ahrens, damit man Vorgänge und Systeme leichter übertragen könne. Doch meist, so die Expertin, scheitere es in der Praxis an der Personalverfügbarkeit in den Gemeinden. „Es braucht einen Kümmerer, der die Daten pflegt und aktuell hält.“ Das konnte auch Olaf Heinrich bestätigen, umso wichtiger sei es für ihn, dass durch möglichst viele automatisierte Prozesse der Arbeitsaufwand verringert werde.

Besonders beeindruckt war der Bezirkstagspräsident von der erfolgreichen Entwicklung des Campus allgemein, dessen guter Ruf weit über Niederbayern hinaus reiche, und die Ausweitung der Tätigkeitsfelder. „Meist führt eines zum anderen“, gab Ahrens Einblick. Gemeinsam mit einer örtlichen Firma entwickelte man ein Verfahren auf Basis von Nahinfrarotspektroskopie, um bei der Mülltrennung bestimmte Materialeigenschaften zu erkennen. So begann man, sich mit Themen von Mülldeponien, etwa der Verunreinigung von Bauschutt, zu beschäftigen. „Daraus entwickelte sich ein Projekt zur Analyse von Gesteinsproben und schließlich werteten wir Daten aus der Marschforschung aus, um dessen Oberflächeneigenschaften zu erkennen“, sagt Ahrens nicht ohne Stolz, denn die Arbeit ihres Teams war so erfolgreich, dass das „California Institute of Technology“, das eng mit der NASA zusammenarbeitet, die Hochschule als Kooperationspartner anfragte.

Auch in den Kliniken am Goldenen Steig sind Roboter eingesetzt, die von den Grafenauer KI-Experten programmiert wurden. Gebaut werden diese Roboter nicht in Grafenau, aber für deren Einsatzzwecke, wie Laborprobentransporte oder zur Gästelenkung, fit gemacht. „Denn ein Roboter ist dumm. Man muss ihm alles beibringen“, erklärt die Professorin. Zunächst findet das Team heraus, welche Fragen der Roboter beantworten sollte und programmiert später die passenden Antworten dazu ein. Die wissenschaftliche Begleitung solcher Projekte ist wichtig, um die Systeme laufend zu verbessern und zu erkennen, wofür welche Lösungen überhaupt gebraucht werden.

Die Forschungseinrichtung der Technischen Hochschule Deggendorf wird teilweise aktiv von Firmen angefragt, um ein bestimmtes Problem zu lösen. „Wir haben aber auch einen Blick auf die Bekanntmachungen von Förderprogrammen des Bundesforschungsministeriums, schauen, was zu unseren Schwerpunkten passt, und bewerben uns dann für ein Projekt.“ Genauso aber gehen die Campusleiterin und ihre Kollegen auf die Politik zu, um eine neue Idee voranzutreiben. So entstand auch das Projekt „Digitales Dorf Bayern“, das im September dieses Jahres ausläuft, aber mit „Smarte Gemeinden“ mehrere Nachfolgeprojekte gefunden hat.

Olaf Heinrich sieht in digitalen Lösungen großes Potential gerade für den ländlichen Raum. „Unsere Städte und Gemeinden verändern sich, es werden womöglich manche Angebote in Zukunft wegfallen, was man aber mit digitalen, praktischen Lösungen ausgleichen kann. Ob Apps oder Roboter – mit solchen innovativen Ansätzen, wie sie von Grafenau ausgehen, entstehen auch Standortfaktoren der Zukunft für den ländlichen Raum.“


Im Bild: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Campusleiterin Prof. Dr. Diane Ahrens

Foto: Lang / Bezirk Niederbayern