Bezirk Niederbayern veranstaltet große Fachtagung zum Thema „Mit Genossenschaften die Heimat gestalten“
Wie kann es funktionieren, dass neue Projekte auch in Zeiten knapper werdender kommunaler Finanzen dennoch realisiert werden können? Eine Option ist, dass Bürger selbst die Initiative ergreift. Eine Möglichkeit hierzu ist die Gründung einer Genossenschaft. Jeder, der möchte, steuert finanzielle oder auch ehrenamtliche Unterstützung bei. Wie es geht, zeigte ein großes Symposium, veranstaltet vom Bezirk Niederbayern. Es fand am Bezirksklinikum Mainkofen statt.
Zahlreiche kommunale Vertreter wie Bürgermeister, Stadt- und Kreisräte waren zur Fachtagung gekommen. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich freute sich über die rege Teilnahme und das große Interesse. Der Bezirk ist einerseits für die wirtschaftliche Entwicklung der Region mitverantwortlich – auf der anderen Seite aber auch für die Pflege von Kultur und Heimat. Deshalb wurde diese Veranstaltung im Festsaal organisiert.
„Wir stehen in einer turbulenten Phase der Veränderung, in der wir uns mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir dennoch weiter Kommunalpolitik mit den Menschen gestalten und Projekte umsetzen können“, erklärte Dr. Heinrich. Die Mittel seien endlich, und auch leere Gebäude in den Innenstädten und Gemeinden warten darauf, wieder mit Leben gefüllt zu werden. Genossenschaften seien hierzu eine hervorragende Möglichkeit: „Sie bieten häufig Lösungen.“ Denn Genossenschaften seien eine Möglichkeit, dem Bürger selbst Verantwortung übernehmen zu lassen, gemeinsam anzupacken, gemeinsame Erfolge zu feiern. „Neben monetären Renditen gibt es hier auch sinnstiftende Rendite“, unterstrich er.
Wie eine Genossenschaft aufgebaut ist, erklärte Franz Penker, Regionalbetreuer im Genossenschaftsverband Bayern. Er stellte drei Pfeiler für diese Rechtform vor. Erstens die Selbsthilfe, die zu einem freiwilligen Zusammenschluss eines gemeinsamen Interesses führt. Die Mitglieder bringen die finanziellen Mittel auf. Weitere Bestandteil ist die Selbstverwaltung – die Verantwortung für die genossenschaftlichen Mitglieder für das eigene Handeln. Und die dritte Komponente ist die Selbstvermarktung. Es sind auch rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Die Mitgliederversammlung legt eine Satzung fest, und es braucht Ehrenamtliche für verschiedene Ämter wie den Aufsichtsrat. Wer aber eine Genossenschaft gründen möchte, braucht lediglich drei Mitglieder und einen Aufsichtsrat. Die Vorteile einer Genossenschaft überwiegen Penkers Worten zufolge, es gibt aber auch Schwächen. Oft ist die Kommunikation aufwändiger und das unternehmerische Risiko dennoch gegeben.
Wie gut und erfolgreich aber Genossenschaften funktionieren, zeigten drei praktische Beispiele. In Freyung rettete eine Genossenschaft die Brauerei Lang Bräu. Bei deren Verkauf wurde vor neun Jahren diese Rechtsform gewählt. Vorstandsvorsitzender Gerhard Geier erzählte den Gästen beim Symposium von einer Erfolgsgeschichte: Über fünf Millionen Euro konnten in dieser Zeit investiert werden. Der Ausstoß an Bier wurde verdoppelt und die eigene Linie mit alkoholfreien Getränken ausgebaut.
Im Alter von 25 Jahren gründete Thomas Kaindl die „Bürgerenergiegenossenschaft – Energiewende in Bürgerhand“. Ziel ist die dezentrale und konzernunabhängige Energieversorgung. Zahlreiche Anlagen konnten bereits errichtet werden und es sind Mitglieder weit über seinen Heimatlandkreis Landshut hinaus an Bord. „Die Wertschöpfung bleibt in der Region. Ziel ist nicht die Gewinnmaximierung“, gab er Einblick.
Zum Genussort ist Eppenschlag im Landkreis Freyung-Grafenau geworden. Die Anfänge liegen eine Zeit zurück, nun hat der mittlerweile amtierende Bürgermeister Peter Schmid mit seinen Mitstreitern für Projekte wie eine Bauernmarkthalle und eine Genussakademie ebenfalls eine Genossenschaft gegründet. Er brach eine Lanze für Regionalität und somit auch Nachhaltigkeit. Lebensmittel aus der Region zu kaufen, bedeute, Ressourcen zu schonen. Durch die Genossenschaft werden hier die Menschen miteinbezogen und an das Thema herangeführt.
Bertram Vogel, Geschäftsführer des Niederbayern Forums, moderierte eine sehr rege Podiumsdiskussion im Anschluss an die Best Practice-Beispiele. Dabei stellte Carsten Clemens, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Landau-Menkofen, in den Mittelpunkt, dass Genossenschaften besonders nahbar und nah am Kunden sein können. Er erklärte aber auch, dass es dennoch wichtig sei, dass wirtschaftlich gearbeitet werde. Für Max Riedl, Gründungsberater im Genossenschaftsverband Bayern, nimmt das Thema Genossenschaft nun auch in Niederbayern immer mehr Fahrt auf. Besonders den Energiesektor findet er dabei sehr bedeutend. „Das Entscheidende ist, dass man die Menschen emotional berührt und ihnen zeigt, dass es wirklich Gestaltungsmöglichkeiten gibt“, ist sich Dr. Olaf Heinrich sicher.
Im Bild: Rege Diskussion über Genossenschaften: Von rechts Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Carsten Clemens, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Landau-Mengkofen, Moderator Bertram Vogel und Max Riedl, Gründungsberater im Genossenschaftsverband Bayern.
Foto: Bezirk Niederbayern