„Wenn man nichts hört, läuft alles gut“

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im Gespräch mit dem Mainkofener Forensik-Leiter Dr. Johannes Schwerdtner

Mainkofen. „Ned g’schimpft is globt gnua.“ Diese niederbayerische Formel trifft auch auf die Arbeit einer forensischen Klinik zu, wie der Leiter der Mainkofener Einrichtung, Dr. Johannes Schwerdtner, im Gespräch mit Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich erläuterte. Der gebürtige Hesse formulierte es freilich anders. „Wenn man nichts hört, läuft alles gut“, so Schwerdtner, der damit vor allem die Lockerungsmaßnahmen der forensischen Klinik in Mainkofen meinte.

Heinrich wollte sich beim mittlerweile fast zur Tradition gewordenen Jahresgespräch über aktuelle Entwicklungen vor Ort informieren, gerade auch in Bezug auf die Veränderungen seit die Forensik am Bezirksklinikum Straubing neu strukturiert wurde. Gab es dort früher keine Lockerungen für die untergebrachten Patienten, sind diese nun – genauso wie in Mainkofen – möglich. „Allerdings ist das ein Prozess, an den sich auch die Mitarbeiter erst gewöhnen müssen“, so Schwerdtner. Er hob die gute Zusammenarbeit mit Straubing hervor, die regelmäßig dazu führe, dass Patienten bei Bedarf auch verlegt würden. „Bei manchen ist ein Klinikwechsel sinnvoll, um sich besser zu entwickeln.“ Vor der Reform in Straubing sei das zwar auch schon möglich, aber sehr aufwendig gewesen, heute ist es hingegen zeitnah zu realisieren.

Während es in Straubing noch vereinzelt Vorbehalte und Ängste der Öffentlichkeit in Bezug auf Lockerungsmaßnahmen gibt, sei die Akzeptanz in der Umgebung von Mainkofen sehr hoch, wie der Chefarzt der forensischen Psychiatrie informierte. „Es gibt keine Anfeindungen seitens der Bürger, der Politik oder der Presse. Auch die Polizei hat sich auf unsere Arbeit eingestellt und beide Seiten wissen genau, wann ein Punkt erreicht ist, an dem man sich Hilfe holen muss.“ Und das, obwohl rund 90 Prozent der Patienten „gelockert“ behandelt werden. „Die allermeisten Lockerungen gehen gut, nur im Promillebereich gibt es Probleme. Dann handelt es sich in der Regel um den Missbrauch eines Ausgangs und die Patienten sind schnell wieder da“.

Die öffentliche Akzeptanz führt er darauf zurück, dass viele Mitarbeiter aus der näheren Umgebung kommen und die optische Außenwirkung der Klinik nicht so dominant von hohen Sicherungsmaßnahmen geprägt ist, wie etwa in Straubing.

Mittlerweile gibt es sogar einige Stationen ohne Gitter, in denen sich die Fenster öffnen lassen und so von Patienten auch für Drogenschmuggel oder ähnliches missbrauchen ließen. „Tatsächlich haben wir aber so gut wie keine Zwischenfälle in dem Bereich“, so Schwerdtner. Auch mit einem betreuten Wohnbereich, der in Zusammenarbeit mit dem Verein 1 zu 1 entstanden ist, habe man gute Erfahrungen gemacht. „Mit den 20 Plätzen können wir Langzeituntergebrachte der Forensik durch Probewohnen so entwickeln, dass wir sie später entlassen können.“

Dank der Möglichkeit, dass auch in Straubing Lockerungsmaßnahmen möglich sind, habe sich in Mainkofen der Patientendruck etwas erholt, dennoch gibt es weiterhin Bedarf in anderen Bereichen, wie der Bezirkstagspräsident auf Nachfrage erfuhr. Denn diejenigen Patienten, die in Heimeinrichtungen gewalttätig werden und nach einem Aufenthalt in der Forensik wieder entlassen werden könnten, werden von Heimen in der Folge abgelehnt. „Oft ist dann die Station B17 hier auf dem Mainkofener Gelände die einzige Einrichtung, die diese Menschen noch aufnimmt“, erklärte der Forensik-Chefarzt. Dank kurzer Wege und der Betreuung der forensischen Fachkräfte sei dies gut machbar, doch die Warteliste der Station sei lang. „Hier könnte man in Zukunft überlegen, ob man diesen Bereich nicht etwas vergrößert.“

Insgesamt sei wegen der großen Erfahrung des gesamten Teams mit Lockerungsmaßnahmen die Erfolgsquote gut. Man beobachte die Patienten lange, um zu beurteilen, dass bei solchen Maßnahmen auch nichts passiere. „Dennoch kann man eine Entwicklung im Einzelfall nie hundertprozentig vorhersagen.“

Zuletzt erkundigte sich Olaf Heinrich, ob es auffällige Trends gebe, die sich langfristig auf die Forensik auswirken könnten. Johannes Schwerdtners Befürchtung ist, dass Drogenkonsumenten noch mehr zunehmen. Die Lage im ländlichen Raum dürfe nicht darüber hinweg täuschen, dass Ostbayern eine eigene Szene habe, zu der man als Normalbürger keinen Zugang hat. „Auffällig werden nur diejenigen, die kriminell werden oder unter psychischen Störungen leiden.“ Die meisten seien unauffällig, gehen ihrem Beruf nach und konsumieren Drogen vor allem zur Leistungssteigerung. „Manche steigen von Alkohol auf andere Drogen um. Wenn es sich dann etwa um Chrystal Meth handelt, ist das wegen der enormen Langzeitfolgen sehr gefährlich“, betonte Schwerdtner.

Olaf Heinrich sah auch in dem gesellschaftlichen Leistungsdruck einen Grund für die steigende Bereitschaft zum Drogenkonsum. Der anfangs festgestellte Leitsatz „Wenn man nichts hört, ist alles gut“ gelte leider in diesem Bereich nicht.

Und auch beim Thema Fachkräftenachwuchs würden sich beide deutlich mehr Nachfrage wünschen. „Solange es keine medizinischen Hochschulangebote in Niederbayern gibt, wird das sehr schwierig bleiben“, so die Meinung des Arztes. In Frühjahr 2022 soll laut Heinrich die Entscheidung über einen Medizincampus in Niederbayern fallen.

Je nachdem wie sie ausfällt, bleibt sowohl dem Bezirk als auch dem Einrichtungsleiter die Hoffnung, dass es in Sachen Fachkräftemangel künftig besser läuft als derzeit.
 

Bildunterschrift: Dr. Johannes Schwerdtner, Leiter der forensischen Klinik in Mainkofen, im Gespräch mit Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. Foto: Lang / Bezirk Niederbayern