Gespräch politischer Vertreter am KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen: Heilerziehungspfleger wichtig für Behindertenarbeit, werden aber immer weniger
Ein vielseitiger Beruf, der bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung sehr bedeutsam ist: Heilerziehungspfleger sind in den verschiedensten Einrichtungen für Menschen mit Handicap sehr gefragt. Allerdings ist die Zahl derer, die diese Ausbildung durchlaufen, derzeit rückläufig. Das liegt vor allem an den Zugangsvoraussetzungen. Dass diese sich zum Positiven ändern sollen und dabei alle an einem Strang ziehen müssen, darüber war man sich bei einem Gespräch von politischen und schulischen Vertretern am KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen einig.
Der frühere langjährige Pfarrkirchner Bürgermeister Georg Riedl, inzwischen Hochschulkoordinator des European Campus Rottal-Inn, hatte verschiedene Akteure zu einem runden Tisch ins KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen eingeladen. Es diskutierten neben Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl auch Landtagsabgeordneter Martin Wagle mit den Vertretern der Schule und dem KWA.
Die Abkürzung KWA steht für „Kuratorium Wohnen im Alter“, eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die vielfach Träger von Alterswohnstiften in Deutschland ist. Einen Teil des Unternehmens machen aber auch Bildungseinrichtungen aus, zeigte der extra zu dem Gespräch angereiste Vorstand Horst Schmieder auf. Über 2800 Mitarbeiter seien für das KWA tätig. Am KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen werden derzeit über 650 Schüler zu Pflegefachkräften und in anderen sozialen Berufen unterrichtet. Auch Heilerziehungspfleger werden hier ausgebildet. Das Bildungszentrum sei erfolgreich und schreibe schwarze Zahlen, obwohl stets viel investiert worden sei. Aktuell wird ein Neubau geplant, weil das bestehende Gebäude zu klein geworden ist, erklärte Schmieder. Einblick in die aktuellen Pläne gab Georg Riedl, in dessen Amtszeit auch die Eröffnung des KWA-Bildungszentrums Pfarrkirchen fiel und der sich noch heute ehrenamtlich für die Einrichtung stark macht.
So erfolgreich die Schule in der Gesamtheit auch ist – die Zahlen in der Heilerziehungspflege sind derzeit rückläufig, bedauert Schulleiter Robert Paulus. Gerade die letzten Jahrgänge seien schwächer und es sehe nicht so aus, als würden die Zahlen künftig in die Höhe schnellen. Dies sei auch im Bayerntrend so. „Wir bieten seit 20 Jahren eine hervorragende Ausbildung, müssen aber natürlich auch schauen, wie es mit der Heilerziehungspflege weitergeht.“, bilanzierte Paulus. In Pfarrkirchen werde das dreijährige Modell angeboten. Der Vorteil gegenüber dem zweijährigen Modell sei eine engere Verzahnung mit der Praxis und, dass die Schüler dann als Arbeitnehmer in Unternehmen auch ein Einkommen haben. Dieses sei aber auch von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich.
Allerdings, so schränkten Paulus und seine Kollegin, die Leiterin des Bildungszentrums, Bettina Schmidbauer, ein: Es seien gerade die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung des Heilerziehungspflegers, die viele Interessenten im Vorfeld abschrecken. Denn es werde vorher ein zweijähriges Praktikum verlangt, bei dem es weder eine geregelte Vergütung noch eine Begleitung gebe und bei der die Praktikanten oft durchaus schon Verantwortung tragen müssen. So hören viele schon vor Beginn der Ausbildung wieder auf, so die Schulvertreter. Sie fordern eine Verkürzung der Praktikumszeit auf ein Jahr und eine fachliche Begleitung in dieser Zeit, zum Beispiel durch die Fachschule. Zudem wäre es wünschenswert, wenn die Auszubildenden während ihrer schulischen Zeit, wie in anderen Ausbildungen auch, Bafög erhielten. Viele Interessenten könnten sich die Ausbildung ganz einfach nicht leisten.
Die politischen Vertreter Dr. Olaf Heinrich, Dr. Thomas Pröckl und Martin Wagle stellten sich hinter verbesserte Zugangsmöglichkeiten für die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger und wollen sich in den entsprechenden Gremien dafür einbringen. Heinrich erklärte, ein zusätzliches Angebot der Lebenshilfe in Landshut als Initiator in Zusammenarbeit mit den Barmherzigen Brüdern, in der Herzogsstadt ebenfalls eine Fachschule für Heilerziehungspflege einzurichten, solle der guten Arbeit in Pfarrkirchen keinesfalls Konkurrenz machen, sondern vielmehr ein Angebot für Menschen im Raum Landshut schaffen, die den Beruf gerne ergreifen möchten, aber nicht jeden Tag eine einstündige Fahrt nach Pfarrkirchen auf sich nehmen können.
Wie Heinrich erklärte, war die Lebenshilfe Landshut zunächst auf das KWA-Bildungszentrum in Pfarrkirchen zugekommen mit der Frage, ob es die Trägerschaft übernehmen wolle. Für den Bezirk, der das Unternehmen lediglich ideell und mit Räumlichkeiten in der Anfangsphase unterstützt, sei eine Ausbildung von zusätzlichen Heilerziehungspflegern auch in Landshut essentiell, legte der Bezirkstagspräsident dar: „Wir haben hier ein Bezirksklinikum mit eigenem Bedarf. Wir wollen uns jedoch im ganzen Regierungsbezirk dafür stark machen, dass wieder mehr Menschen diesen Beruf ergreifen. Auch in Pfarrkirchen wird eine sehr bedeutsame und segensreiche Arbeit geleistet und es ist wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen, um bessere Zugangsvoraussetzungen für den Beruf des Heilerziehungspflegers zu schaffen. Wir brauchen unbedingt mehr Heilerziehungspfleger.“
Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl fügte an: „Ich kann nicht nachvollziehen, warum es zwei Jahre Aufwärmphase braucht. Ein Jahr würde reichen.“ MdL Martin Wagle bekräftigte: „Wenn man neue Mitarbeiter gewinnen will, dann muss man diese auch entsprechend vergüten. Das Thema kam auch schon bei mir im Landtag zur Sprache, wo ich Schüler aus Pfarrkirchen begrüßen konnte, und muss unbedingt weiterverfolgt werden.“
Im Bild: Tauschten sich über bessere Zugangsvoraussetzungen zum Beruf des Heilerziehungspflegers aus: (v.l.) Hochschulkoordinator Georg Riedl, Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich, die stv. Leiterin des KWA-Bildungszentrums Silvia Wieser, Leiterin Bettina Schmidbauer, KWA-Vorstand Horst Schmieder, MdL Martin Wagle, Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl und die Schulvertreter Robert Paulus, Carola Wohlmannstetter und Tobias Waldmann.
Foto: Bezirk Niederbayern